Finnland war bereits nach dem Bürgerkrieg ein zuverlässiger Schuldenzahler

Finnland zahlte noch in den 1930er Jahren die Ausrüstungskosten für über 14 000 Soldaten an Deutschland, sagt Prof. emer. Seppo Hentilä. Das war ungewöhnlich.

Die militärische Hilfe Deutschlands für die Weißen im Bürgerkrieg brachte für Finnland beträchtliche Schulden. Der Krieg endete Ende April mit dem Sieg der finnischen Weißen und der deutschen Armee, nachdem Wyborg eingenommen war.

Die Kosten für die Versorgung der deutschen Truppen mit Proviant und Ausrüstung fielen an Finnland.

„Die deutsche Armee hatte in ihrem Tross u. a. 4 000 Pferde und 84 Kühe. Auf der drei Tage dauernden Überfahrt über die Ostsee nach Finnland wurde eine Menge Mist geschaufelt, stellt der Emeritus-Professor für politische Geschichte an der Universität Helsinki, Seppo Hentilä, schmunzelnd fest.

Hentilä hat sich in seiner Forschungsarbeit über 40 Jahre lang mit Deutschlands Rolle in Finnlands Kriegen vertraut gemacht.

Auf Grundlage eines zwischen Finnland und Deutschland geschlossenen Vertrages durfte Finnland ohne die Zustimmung Deutschlands keine Beziehungen zu anderen Staaten aufnehmen. Zwischen Finnland und Deutschland wurden Handelsverträge abgeschlossen, mit denen die Schulden abgezahlt werden sollten.

Den für Finnland unvorteilhaften Handelsvertrag ergänzte man später durch einen für Finnland ebenfalls unvorteilhaften Warenaustauschvertrag. Auch das während des Weltkrieges eingefrorene Vermögen des finnischen Staates, nach damaligen Geldwert ein Finnmark-Betrag im zweistelligen Millionenbereich, wurde zur Schuldenabzahlung verwendet.

Die letzten Schulden wurden erst in den 1930er Jahren quittiert. Einen zuverlässigeren Schuldner als Finnland gab es in der damaligen Welt nicht.

"Finnland bezahlte all seine Schulden. Die Militärhilfe Deutschlands hatte nichts mit Wohltätigkeit zu tun, obwohl einige in Finnland so glauben wollten“, konstatiert Hentilä.

Deutschland hat Finnland nicht freiwillig geholfen

Deutschlands Motiv war nicht, den Weißen in Finnland zu helfen den Bürgerkrieg von 1918 zu gewinnen, sondern Deutschland versuchte durch die Entsendung seiner Truppen nach Finnland im April 1918 eine Ausweitung des Ersten Weltkrieges zu vermeiden.

Laut Hentilä wollte Deutschland eigentlich keine Truppen nach Finnland entsenden, aber da Finnland offiziell darum bat und Deutschland in einer Stationierung in Finnland auch andere Vorteile sah, intervenierten die deutschen Truppen und landeten in Hanko.

Deutschlands Hilfe hat nicht unbedingt eine entscheidende Rolle für den Kriegsausgang gespielt, war aber eine bedeutende Sache in der Hinsicht, dass der Krieg verkürzt wurde, was wiederum die Zahl der Opfer reduzierte.

„Finnland hatte keine andere Wahl, nachdem Schweden seine Hilfe verweigerte. Man hätte sicher auch versuchen können, den Krieg ohne Hilfe von außen zu entscheiden. Beispielsweise hielt der Oberkommandierende der Weißen, Mannerheim, überhaupt nichts davon, dass Deutschland zu Hilfe eilte”, sagt Hentilä.

„Die Königswahl war ein Fehler“

Die Ankunft der deutschen Truppen in Finnland bedeutete nicht nur wirtschaftliche Schulden, sondern auch, dass Finnland nun für die verbleibende Zeit des Weltkrieges in den Machtbereich des kaiserlichen Deutschlands geriet. Die deutschen Truppen hielten sich über ein halbes Jahr in Finnland auf, bis Dezember 1918.

Nach dem Bürgerkrieg gingen die Deutschen daran, aus Finnland eine Art Hilfsstaat für sich selbst zu machen, wie Hentilä die Sache formuliert. In Finnland trafen unter anderem Vertreter großer deutscher Unternehmen ein, um den Wald zu vermessen und die Erzlagerstätten zu inspizieren. Auch der Aufbau einer Armee nach deutschem Modell war im Gange, denn man befürchtete Gefahr aus Russland.

„All dies geschah mit dem Einverständnis der finnischen Regierung“, erinnert Hentilä.

Anfang April wählte sich Finnland einen deutschen König, zufälligerweise genau an dem Tag, an dem Deutschland die Westmächte um einen Waffenstillstand bat und seine Kapitulation bekanntgab.

„Die Königswahl war für Finnland ein schlimmer außenpolitischer Fehler. Aufgrund dessen verweigerten die Siegermächte Großbritannien, Frankreich und die USA die Anerkennung Finnlands als souveränen Staat.

Nach Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg trat die im Dezember 1917 erklärte Unabhängigkeit Finnlands vollständig in Kraft. Dann wurden auch alle Pläne für ein finnisches Königreich fallengelassen; als Staatsform wurde schon 1919 die Republik gewählt. Auf den Kurswechsel Finnlands hatte nicht zuletzt der Druck der Siegermächte einen gewaltigen Einfluss.

„Finnlands extrem deutschlandfreundliche Rechte musste sich aus der Politik zurückziehen. Zum Beispiel Staatschef Pehr Evind Svinhufvud und Premierminister Juho Kusti Paasikivi traten im Dezember 1918 von ihren Ämtern zurück“, stellt Hentilä fest.

Emeritus-Professor Seppo Hentilä hat in diesem Jahr die finnischen Provinzen bereist und hat auf über 30 Seminaren über den Bürgerkrieg gesprochen.